📌 1. Spezialisierung & Expertise

➡️ Viele Ambulanzen sind Post‑Covid‑Ambulanzen, die eine breite Palette von Long‑Covid Beschwerden behandeln. Nicht alle haben tiefgehendes Wissen über die speziellen Pathomechanismen von ME oder die Besonderheit von PEM.

➡️ PEM wird oft verkannt oder mit allgemeiner Müdigkeit (Fatigue) verwechselt. Wenn Mitarbeitende einer Ambulanz nicht mit PEM vertraut sind, kann das dazu führen, dass Belastungsgrenzen überschätzt werden oder Therapien vorgeschlagen werden, die Verschlechterung bringen.

📌 2. Risiko durch „konventionelle“ Aktivierungstherapien

➡️ Ambulanzen, die nicht spezialisiert sind, könnten Aktivierung, Reha oder Maßnahmen zur Steigerung der Ausdauer vorschlagen, die bei ME und PEM gefährlich sein können (z. B. zu schnelle Belastung).

‼️ PEM reagiert empfindlich auf jede Form von Überforderung, körperlich, geistig oder emotional.

📌 3. Kapazitäts- und Zugangsprobleme

➡️ Es gibt wenige Ambulanzen, d.h. große Wartelisten, regionale Beschränkungen. Manchmal auch nur für bestimmte Altersgruppen oder nur für Post‑Covid versus „klassisches“ ME.

➡️ Wenn man auf eine Ambulanz angewiesen ist, kann das also bedeuten, lange Wartezeiten, Reisen, finanzielle und zeitliche Belastung. Gerade bei eingeschränkter Belastbarkeit (durch PEM) kann das besonders schwer sein.

📌 4. Fragmentierung der Versorgung

➡️ ME kann viele Symptome betreffen: Schlaf, Schmerz, neurologisch/kognitiv, Herz‑Kreislauf, Immunsystem, Autonomes Nervensystem etc. Eine Ambulanz allein deckt selten alle Fachbereiche ab. Oft sind mehrere Fachärzte nötig (z. B. Neurologie, Kardiologie, Pneumologie, Innere Medizin, Schmerzmedizin, Psychosomatik etc.).

📌 5. Individuelle Unterschiede & Chronifizierungsgrad

➡️ Bei manchen Betroffenen ist die Erkrankung schon lange vorhanden, mit starkem PEM und schweren Einschränkungen; da kann eine Ambulanz, die auf weniger schwere Fälle ausgerichtet ist, wenig bewirken oder sogar schaden, wenn Vorschläge zur Aktivitätssteigerung verfolgt werden ohne Rücksicht auf die individuellen Grenzen.

‼️ Eine zu starke Aktivierungssteigerung kann den Gesundheitszustand von ME Betroffene dramatisch (dauerhaft) verschlechtern. 

📌 6. Therapie‑Ziele und Erwartungen

➡️ Ambulanzen können bei Diagnostik, Symptombehandlung, Beratung und psychologischer Unterstützung helfen. Aber sie haben oft nicht die Ressourcen oder das Wissen, eine drastische Besserung zu versprechen.

➡️ Manche Betroffene haben Erwartungen, dass eine Ambulanz alle Symptome in den Griff bekommen. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, kann Frustration entstehen.

📌 7. Fehlende nachhaltige Versorgung

➡️ Häufig sind Ambulanzen auf kurzfristige Maßnahme ausgelegt – Diagnostik, erste Therapie‑Bausteine. Aber ME mit PEM erfordert oft langfristige Begleitung, Anpassung im Alltag, Pacing, Selbstmanagementstrategien, ggf. Unterstützung durch Sozialmedizin, Rehabilitation, Pflegestruktur etc.

ℹ️ Fazit & Empfehlungen

➡️ Ambulanzen sind wichtig — sie können erste qualifizierte Diagnostik bieten, Symptome abklären, Fachärzte vermitteln, Hilfsmittel zur Verfügung stellen und Bewusstsein schaffen.

➡️ Aber für ME‑Betroffene mit PEM sollte man nicht allein auf eine Ambulanz setzen. Es ist sinnvoll, mehrere Bausteine zu nutzen:

📌 1. Selbst‑ und Elternwissen über PEM, Pacing, Belastungsmanagement, um Überforderung zu vermeiden.

📌 2. Haus‑ oder Facharzt mit Offenheit und Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit.

📌 3. Spezialisierte Zentren, wenn möglich (z. B. Charité, TUM, ZI Mannheim) — aber im Bewusstsein ihrer Grenzen.

📌 4. Psychologische Unterstützung, wenn nötig, insbesondere bei Umgang mit chronischer Erkrankung und Änderung der Lebensumstände. Aber Psychotherapie nur als Begleitung, nicht als Ersatz für somatische Behandlung und Rücksicht auf PEM.

📌 5. Selbsthilfegruppen, Patientenorganisationen – Austausch, Information, lobbyieren für bessere Strukturen.

➡️ Es wäre wichtig, dass mehr Ambulanzen spezifisch geschult werden in ME und PEM, klare Leitlinien existieren und bessere Finanzierung. Es müssen Kapazitäten geschaffen werden, damit Betroffene nicht lange warten und riskanten Empfehlungen ausgesetzt sind.