ℹ️ Wie passend doch Dr. Da Silvas Präsentation zum Thema „Klinische Phänotypen und HPA-Achsen-Dysfunktion bei ME/CFS“ auf der IACFS/ME-Konferenz 2025 war! Wir haben gerade von einer ganzen Reihe von Studien gehört, die eindeutig auf das Gehirn als Ursache hinwiesen, und nun liegt uns ein Autopsiebericht zum Gehirn bei ME/CFS vor.

📌 Bisherige Hirnsektionen konzentrierten sich vor allem auf den Hirnstamm, doch diese auf den Hypothalamus spezialisierte Gruppe begann ihre Untersuchungen an der HPA-Achse, die fast von Anfang an im Fokus der ME/CFS-Forschung stand. Warum? Weil die HPA-Achse das zentrale Stressreaktions- und Energieregulationssystem des Körpers ist.

📌 Der Hypothalamus, der sich an der Unterseite des Gehirns befindet, erfasst Stress, Blutzuckerspiegel, Entzündungen, Tageszeit und vieles mehr. Er schüttet Corticotropin-Releasing-Hormon an die Hypophyse aus, welche daraufhin Cortisol produziert, das als „Stress- und Energiemanager“ unseres Körpers bezeichnet wird.

📌 Cortisol mobilisiert Energie, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht und uns hilft, morgens nach dem Aufwachen und in Stresssituationen Fett und Eiweiß zu verwerten. Es trägt außerdem dazu bei, dass wir wach und konzentriert bleiben und auf Bedrohungen oder Herausforderungen reagieren können. Darüber hinaus wirkt es entzündungshemmend, verengt die Blutgefäße und beeinflusst Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Motivation und Stimmung.

📌 Statt vermehrter CRH-produzierender Neuronen fanden die Forscher bei den ME/CFS-Patienten fast keine CRH-produzierenden Neuronen . Dies deutete auf eine allgemeine Suppression des Hypothalamus hin, während die Vasopressin- und Oxytocin-Neuronen im Hypothalamus entweder erhöhte oder normale Werte aufwiesen. Lediglich die CRH-produzierenden Neuronen waren betroffen.

📌 Eine Genexpressionsanalyse lieferte weitere Hinweise auf Störungen der HPA-Achse: Die Hypophysenrezeptoren, die auf zahlreiche Neuropeptide reagieren sollen, waren herunterreguliert.

📌 Alles in allem schien die HPA-Achse bei diesen autopsierten Patienten mit der drastischen Reduktion der CRH-produzierenden Neuronen im Hypothalamus, der Abschaltung der Hypophyse und den niedrigeren Cortisolwerten ziemlich zerstört zu sein.

➡️ Zu beachten ist, dass es sich hierbei möglicherweise um ein sehr schweres Endstadium von ME/CFS handelt, dass nur sieben Autopsien durchgeführt wurden und dass bei Menschen mit leichteren Erkrankungen möglicherweise noch mehr funktionsfähige CRH-Neuronen vorhanden sind.

📌 Im Jahr 2020 jedoch stellte Angus Mackay – anhand eines Gedankenexperiments – die beunruhigende Vermutung auf, dass der „Stressintegrator“ im Hypothalamus, der sogenannte paraventrikuläre Kern (PVN), eine Schlüsselrolle bei ME/CFS spielen könnte. Der PVN ist, wie sich herausstellte, der Hauptproduzent von CRH .

📌 Mackay vermutete, dass ein entzündeter PVN vermehrt CRH produzieren könnte. Obwohl in dieser Studie nur wenige CRH-produzierende Neuronen gefunden wurden, könnte Mackays Szenario eines hyperaktiven PVN zu langfristigen Schäden und dem letztendlichen Verschwinden dieser Neuronen führen.

📌 Die Situation scheint allzu bekannt: Es ist eine weitere Variante des Problems, dass man überreizt und müde/ausgebrannt ist, aber im Bedrohungsmodus feststeckt – ein Problem, das diese Krankheiten scheinbar durchdringt.

📌 Die kürzlich in einem Blogbeitrag vorgestellte (noch unveröffentlichte) Entdeckung zu Noradrenalin könnte damit in Zusammenhang stehen. Dichte Stränge noradrenerger (Noradrenalin-produzierender) Fasern vom Locus coeruleus reichen direkt in den PVN, wo sie die CRH-Produktion anregen. Hyperaktive Noradrenalin-Neuronen könnten CRH-Neuronen im Hypothalamus aktivieren und bei schwerstkranken Patienten schließlich zu deren Erschöpfung führen.

📌 Diese Erkenntnisse lassen vermuten, warum die zusätzliche Gabe von Cortisol in Form von niedrig dosiertem Hydrocortison manchmal negative Auswirkungen haben kann, wenn zentrale Teile des Cortisol-produzierenden Systems gestört sind.

📌 Interessanterweise könnte Cortenes CT38-Hypothese zutreffen. Cortene schlug vor, die HPA-Achse durch einen kurzen Impuls eines CRFR2-Agonisten zurückzusetzen. Die Idee dahinter ist, dass eine chronische Aktivierung der CRFR2-Rezeptoren die HPA-Achse unterdrücken und dadurch die Cortisolproduktion dämpfen könnte. Interessanterweise könnte ein chronisch aktiviertes CRF-System auch zu der kürzlich beobachteten Hyperaktivität im Locus coeruleus beitragen.

📌 Interessanterweise könnte Cortenes Medikament CT38, falls es sich als wirksam erweist, helfen, indem es die HPA-Achse zurücksetzt und den Druck vom Hypothalamus nimmt.

➡️ Die Autopsiedaten – die möglicherweise von sehr schwer erkrankten Patienten stammen – könnten auch ein Bild stützen, in dem chronische Neuroinflammation in limbischen/PVN-/Hirnstammregionen die zentralen Stressregulationszentren dort langsam schädigt. In diesem Szenario sind die Noradrenalin-produzierenden Neuronen im Locus coeruleus, die CRH-produzierenden Neuronen im Hypothalamus und die Nebennieren betroffen, und die beiden wichtigsten Stressreaktionssysteme (HPA-Achse, autonomes Nervensystem) werden stark beeinträchtigt.

📌 Behandlungen, die darauf abzielen, die Neuroinflammation zu dämpfen, das Immunsystem zu beruhigen und die Gefahrenreaktion abzuschalten, könnten helfen.

 

Quelle: healthrising.org